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Schon 100 Jahre alt!

Ein ganz spezielles Objekt in der Museumssammlung feiert dieses Jahr seinen 100. Geburtstag: ein Original Basler Sunnereedli.

1925 fand in Basel eine Bäckerei- und Conditorei-Fachausstellung statt. Dort präsentierte Bäcker Emil M. Schneider das Basler Sunnereedli. Eine Urkunde des Ausstellungskomitees bescheinigte ihm, der Erfinder dieses Gebäcks zu sein.

Collage: links das Sunnereedli, ein leicht verzogenes viereckiges Rad, daneben in Schwarz-Weiss ein Foto eines Mannes mit kurzem dunklem Haar, grossem geschwungenem Schnauz und kleinem gestutzten Bärtchen, der einen grauen Anzug, ein weisses Hemd und eine dunkle Fliege trägt.

Emil M. Schneider mit dem Basler Sunnereedli aus der MKB-Sammlung

Der Leiter Europa am MKB, Eduard Hoffmann-Krayer, fügte im selben Jahr ein Exemplar des Gebäcks der Sammlung hinzu. Auf der dazugehörigen Karteikarte hielt er fest, dass es sich um ein «ganz rezentes Gebildbrot in Form einer kleinen Fastenwähe» handle. Und es heisst weiter: «Auch der Name ist ganz neu.»

Tabea Buri, Leiterin Abteilung Europa im MKB, zeigt Andreas Schneider Gebäcke im Museumsdepot, von denen einige aus der Bäckerei Schneider stammen

Hoffmann-Krayer war an der Namensgebung beteiligt. In ihrer Dissertation «Wie die Dinge zusammenkamen» schreibt Tabea Buri, die heutige Leiterin der Abteilung Europa, Schneider und Hoffmann-Krayer hätten sich schon vorher über Gebäckformen ausgetauscht. Zum Beispiel über die Fastenwähe. Hoffmann-Krayer meinte, deren Form gehe auf ein Sonnenrad zurück. Davon inspiriert nannte Schneider das Gebäck zu Beginn Basler Sunnerädli. Die Schreibweise wurde später angepasst.

Zum Apéro

Es wurde ein durchschlagender Erfolg. Vor allem, als mit den 1970er-Jahren die Kultur des Apéro aufkam. Damals hätten 100 Gramm Basler Sunnereedli 70 Rappen gekostet, wie Susanna Schneider ihrem Sohn Andreas Schneider erzählte.

Andreas Schneider mit dem 100-jährigen Basler Sunnereedli und dem Bild seines Urgrossvaters

Er erinnert sich, wie das Gebäck früher «haufenweise» feilgeboten worden sei. Für die Kundschaft wurden die Basler Sunnereedli in spezielle Pergamentverpackungen abgefüllt, eine Gugge für vier Stück, eine andere für 500 Gramm oder ein Kilo. Die Kund*innen durften wählen, ob sie lieber helle, dunkle – «etwas sonnenverbranntere», wie Andreas Schneider schmunzelnd bemerkt –, solche mit mehr oder weniger Kümmel bevorzugten. In der Familie sei es Brauch gewesen, Viererpäckli jeweils als kleines Präsent zu Anlässen und Einladungen mitzubringen.

Neu abheben

Für kurze Zeit mussten die Basler Sunnereedli-Liebhaber*innen auf das Apérogebäck verzichten, als die Bäckerei Schneider Mitte 2022 schloss. Doch schon im Februar 2024 lancierte Andreas Schneider, als Vertreter der 5. Generation, das Original Basler Sunnereedli neu, wieder an der Clarastrasse, aber nicht mehr in der Nummer 23, sondern in der 4.

Das Etikett geht auf einen Holzschnitt des Basler Grafikers Burkhard Mangold zurück, der auf der Erfindungsurkunde von 1925 zu finden ist. In leichter Abwandlung und zur Freude der Enkelin von Mangold zeigt das Etikett heute Bäcker*innen, die Basler Sunnereedli herstellen.

Die Confiserie Beschle stellt seither das Gebäck her, nach dem Originalrezept, mit den originalen Stanzwerkzeugen. Und pünktlich zum 100. Geburtstag heute am 12. Juni – an diesem Datum ging 1925 die Bäckerei-Fachausstellung auf – gesellen sich zum Sunnereedli, «als e bsunderi Edition», die acht Planeten unseres Sonnensystems.