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Den Tag mit einem Rangoli beginnen

Die Ausstellung «schön spirituell – Dinge für Glauben & Meditation» zeigt, wie Menschen im Alltag Andacht und Meditation praktizieren. Sudha Vitthalrao Kanago zeigt uns mit einem Rangoli ihre persönliche spirituelle Praxis.

Am Tag vor der Ausstellungseröffnung warten wir gespannt auf Sudha Vitthalrao Kanago. Sie wurde angefragt, ob sie uns die tägliche Praxis der Rangoli-Meditation vorführen würde.

Sudha Vitthalrao Kanago ist eine Hinduistin aus Basel. Da die Ausführung der eigenen religiösen Praktiken sehr persönlich sein kann, fühlen wir uns geehrt, dass sie sich dazu bereit erklärt hat, uns zu ihrer eigenen Praxis einzuladen.

Eine Frau mit dunklem Haar, zusammengenommen in einem Rossschwanz, in dunklen Kleidern kniet vor einem runden roten Tischchen. In der linken Hand hält sich ein Schüsselchen mit weissem Pulver. Mit der rechten Hand streut sie etwas auf den Tisch. Auf der Tischplatte ist der Anfang eines Musters zu sehen, es ist eine Blüte in Weiss und Türkis.

Sudha Vitthalrao Kanago macht sich an die Arbeit in der Ausstellung «schön spirituell»

Nachdem Sudha Vitthalrao Kanago sich die Hilfsmittel und Pulver in den jeweiligen Farben zurechtgelegt hat, stellt sie auf YouTube ein Video mit dem Titel «Sri Venkatesa Suprabhatam» ein. Es ist ein gesungenes Mantra, das Gottheiten, aber vor allem die Göttin Lakshmi besingt.

Lakshmi ist die Gattin von Vishnu und die Göttin des Wohlstands, des Glücks, der Gesundheit, der Fruchtbarkeit und der Liebe. Ihr zu Ehren werden die Rangolis kreiert. Um Wohlstand und Glück im Heim zu haben.

Zuerst die Füsse

Nun kniet Sudha Vitthalrao Kanago also zur Stimme der Musikerin vor die dafür vorgesehene Oberfläche und setzt mit dem weissen Pulver für das erste Muster an. Nach wenigen schwungvollen Bewegungen sitzt das erste Motiv: Füsse. Die Füsse von Lakshmi, so Sudha Vitthalrao Kanago, finden sich meistens irgendwo auf einem Rangoli.

Hier hat sie sie in die Mitte des Rangolis platziert und auch deren Ausrichtung bewusst gewählt: Lakshmis Füsse sind der Mariafigur (Exponat Nr. 25) auf dem Podest vor dem Fenster zugewandt. Sudha Vitthalrao Kanago sieht in der christlichen Mutterfigur einige Verbindungen zu Lakshmi. Zum einen, da auch Lakshmi als wichtige Mutter angesehen wird.

Ein rundes Tischchen, verziert mit einer plattenfüllenden Blüte in verschiedenen Farben steht in einem grossen Saal. Im Hintergrund sieht man drei Podeste, auf denen Figuren stehen. Und ein raumhohes Fenster mit weissem Vorhang.

Das Rangoli ist ausgerichtet auf eine kleine Statue am Fenster

Rangolis sind zum anderen eine Einladung für Gäste und ein Dienst an das Universum, da das Pulver, wenn es vom Wind verweht wird, gewissen Vögeln und anderen Tieren als Nahrung dient.

Rangolis werden normalerweise mit Reispulver kreiert. Für die Museumsausstellung benutzt Sudha Vitthalrao Kanago Steinpulver.

Sie hat dieses Ritual von ihrer Mutter gelernt, die es täglich durchführt. «Als ich selbst noch in Indien lebte», erklärt Sudha, «nahm ich mir auch täglich für dieses Ritual Zeit.» Heute führe sie es vor allem zu wichtigen Festen vor ihrem Hausaltar durch oder für Hochzeiten in ihrer Familie.

Schützen, halten, dann loslassen

Das Rangoli ist ein morgendliches Ritual, das hilft, sich zu konzentrieren, den Geist zu beruhigen und gelöst in den Tag zu starten. Wenn Sudha Vitthalrao Kanago in Indien ist, erfreut sie sich immer noch täglich dieser Praxis. «Dann wird man auch oft vom Morgenduft des Kaffees und den ersten Geräuschen des Tages begleitet», meint sie lächelnd.

«In den ersten Stunden», fährt sie fort, «versucht man noch das Rangoli mit Wassersprinkeln zu schützen und zu halten, je später es jedoch wird, desto mehr kann man sich davon lösen.» Denn neben dem Kreieren des Rangolis ist das Sich-Lösen vom Rangoli genauso wichtig.

Die Farben der Schweiz

Sudha Vitthalrao Kanago schafft es dann auch, sich nach fast acht Stunden Arbeit vom heutigen Rangoli zu lösen und es dem weiteren Verlauf des Museumsalltages zu überlassen. Als letzten Schritt setzt sie einen gelben Farbtupfer, der Kurkuma repräsentiert, und einen roten Farbtupfer, der das heilige Kumkum-Pulver symbolisiert. Diese dienen als Opfergabe für Lakshmi.

Ein rundes Tischchen, auf dessen Platte eine Blüte in verschiedenen Farben gestreut wurde.

Das fertige Rangoli bleibt bis zum Ende der Ausstellung

Fertiggestellt zeigt das Rangoli prominent die Form einer Lotusblüte. Diese sei ein beliebtes Motiv für Rangoli.

Sudha Vitthalrao Kanago hat für dieses Rangoli vor allem die Farben Weiss, Blau und Grün gewählt. «Die Farben der Schweiz», offenbart sie, «Weiss für die Berge, blau für die Seen und grün für die Wälder. Eine Fusion Schweiz und Indien.»