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Vom Fort de Kock nach Basel

Im Provenienzforschungsprojekt «Sensible Fotografie? Koloniale Fotobestände im Museum der Kulturen Basel» (2025−2026) untersuchen wir sechs Fotosammlungen von Schweizer Geologen, die für internationale Erdölfirmen oder im Auftrag von Kolonialregierungen arbeiteten. In unregelmässigen Abständen berichten wir hier im Blog.

In der Anfangsphase des Projekts haben wir uns mit der riesigen Materialfülle auseinandergesetzt (vgl. Blogbeitrag Sensible Fotografien?). Wir haben tausende analoge Fotografien aus Originalkästen, Filmdosen und manchmal auch aus Zigarren-Schachteln herausgenommen und betrachtet. Im nächsten Schritt folgte eine Recherche in unserer Datenbank und das Durchsehen der bereits digital vorhandenen Fotografien.

Auf schwarzem Hintergrund kleben 54 kleine Schwarz-Weiss-Fotos, die weiss beschriftet sind. Rechts davon klebt ein grosses Schwarz-Weiss-Foto, auf dem zwei Männer in heller Kleidung und hellen Kopfbedeckungen auf einem sandigen Weg vor Büschen und Gras stehen.

Auch bereits digitalisierte Fotografien werden in die Untersuchung einbezogen: Screenshot der Sammlung von Max Mühlberg und Ega Mühlberg-Garsky

Bei der vertieften Betrachtung und der Recherche zu den sechs Sammlungen zeigte sich: Einige Fotografien wurden nicht von den sechs Schweizer Geologen selbst aufgenommen, sondern von anderen Fotograf*innen. Dazu zählen etwa Aufnahmen des niederländischen Fotografen Christiaan Benjamin Nieuwenhuis, der in Padang (Sumatra) ein kommerzielles Fotostudio betrieb und teilweise im Auftrag der holländischen Kolonialregierung fotografierte.

Angekauft

Er tat dies unter anderem in der Stadt rund um die niederländische Befestigungsanlage Fort de Kock, aus der die heutige Stadt Bukittinggi hervorging. Der Geologe Max Mühlberg kaufte die Albuminabzüge  wohl während seiner Arbeit für die Royal Dutch Petroleum Company zwischen 1900 und 1907 in Sumatra an.

Auf grauem Hintergrund liegen 1 weisses Blatt, auf dem kleine Fotos fotokopiert sind und auf dem Blatt steckt noch eine Büroklammer. Darüber, das Blatt teilweise verdeckend liegt ein dunkelgraues Album mit goldenen Lettern mit dem Titel Sumatra's Westkust. Rechts davon ist ein Album aufgeschlagen, in dem Schwarz-Weiss-Fotos kleben und auf dem Album liegt eine Fotokopie eines Fotos von zwei Männern.

Fotografien von Christiaan B. Nieuwenhuis befinden sich in der Sammlung von Max Mühlberg und Ega Mühlberg-Garsky, sie wurden auch als Postkarten oder gebunden in Fotoalben verkauft

Solche Fotografien wurden von den Schweizer Geologen erworben, gesammelt, manchmal bearbeitet und interpretiert, ehe sie den Weg ins MKB fanden. Es sind Aufnahmen, die weltweit verbreitet waren und es nach wie vor sind.

Sie hatten einen anderen Entstehungskontext als die eigenen, privaten Aufnahmen der Schweizer Geologen. Und sie wurden für andere Zwecke hergestellt, etwa für den kommerziellen Verkauf an Reisende und für die Verbreitung bestimmter (Bild-)Botschaften.

Für private Zwecke

Durch die stereotype und teils exotisierende Darstellung von kolonisierten Menschen wurden beispielsweise die Vorstellungen von «Anderen» geprägt. Solche Fotografien dienten unter anderem dazu, die koloniale Herrschaft zu legitimieren. 

Die privaten Aufnahmen der Geologen zeigen ihr Arbeits- und Lebensumfeld während der Aufträge für die Ölfirmen. Sie waren beeinflusst von öffentlich verbreiteten Bildbotschaften. In erster Linie fotografierten die Geologen jedoch für private Zwecke, als Mittel, um das Erlebte visuell festzuhalten.  

Absicht ist entscheidend

Auch wenn es nicht in allen Fällen gelingt, Transparenz bei der Urheberschaft herzustellen und die Provenienz einzelner Aufnahmen zu klären, ist die Unterscheidung zwischen Eigen- und Fremdaufnahmen wichtig, weil andere Absichten hinter den Fotografien standen.

In der nächsten Phase des Forschungsprojektes widmen wir uns konkreten Bildinhalten und Bildsprachen: Was sind wiederkehrende Motive in diesen Fotosammlungen? Welche sind sensibel und für wen? Wir werden weiter an dieser Stelle berichten.

Das Projekt «Sensible Fotografie? Koloniale Fotobestände im Museum der Kulturen Basel» wird unterstützt durch den Georges und Mirjam Kinzel-Fonds und das Bundesamt für Kultur BAK.