Übersicht

Museum im Glück

Daruma ist einer der beliebtesten Glücksbringer in Japan. Durch den Sammler Jean-Jacques Britt kamen kürzlich einige hundert Darumas ins Museum. Wir nahmen einen Augenschein.

Blick auf eine langes weiss-graues Gestell mit vier Etagen. Auf den unteren Regalen sind einige Schachteln untergebracht, in denen viele kleine, oft handgrosse Figuren liegen und stehen. Auf dem Regal ungefähr auf Augenhöhe stehen viele Figuren auch frei. Ganz am Ende steht eine Frau in olivem Kleide mit schwarzer Jacke, die einen Gegenstand in den Händen hält und leise lächelt.

Sie zaubern Lächeln ins die Gesichter, auch wenn sie eher grimmig dreinschauen: die Darumas im Depot

«Dieser Daruma trägt ein Shibori-Tuch um den Kopf. Weil ich momentan eine Ausstellung zu dieser Falttechnik vorbereite, habe ich ihn zu einem meiner Lieblinge erkoren», sagt Kuratorin Stephanie Lovász lächelnd. Und greift zu einer anderen, eher birnenförmigen Figur. Dieser Daruma sähe doch aus wie der ehemalige deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl. Er zeigt, wie viel Humor auch in den japanischen Glücksbringern steckt.

Ein birnenförmiges Objekt liegt auf einem Gestell. Es hat einen roten Körper und ein langes holzfarbenes Gesicht und schaut grimmig drein. Der Stiel wölbt sich wie ein Haarschopf oben aus der Figur. Daneben und dahinter stehen und liegen ähnliche Figuren.

Wem ähnelt dieser Daruma? Einem ehemaligen deutschen Politiker ...

Wir lachen noch öfter: über den Darumastick, mit dem Cocktails umgerührt werden können und der beim Schwenken Stielaugen bekommt, oder über die Hasenfigur, die eigentlich eine Glocke ist und einen Daruma im Arm hält. Lustig ist der Gewichtheber und Balancekünstler Daruma und auch die Velohupe.

Zwei Bilder: links hält eine schwarzbehandschuhte Hand eine runde Plastikvelohupe in der Hand. Die Hupe ist aussen rot-gelb und besitzt ein weisses Gesicht mit grossen Augen, einer breiten Nase und einem breiten, halb offenen Mund. Auf dem rechten Bild ist eine ovale Sparbüchse, aus rotem Plastik, wo der Schlitz fürs Münz einen Mund darstellt.

Daruma amtet als Velohupe und als Sparkässeli

Einige hundert Darumas lagern in einem Rollkorpus im Depot am Tellplatz. Sie sind kürzlich ins Museum gekommen. Sie stammen aus der Sammlung von Jean-Jacques Britt, der im Baselbiet wohnte.

Eine Frau in olivem Kleid mit dunkelblauer Jacke und farbiger Kette um den Hals hält in den Händen einen hölzernen Fächer. Auf diesem kreisrunden Fächer ist eine kauernde Figur gezeichnet, in Rot und Schwarz. Dahinter liegen und stehen in einem Regal noch viele kleine Figuren.

Künstlerische Darumas zieren Alltagsgegenstände, wie Kuratorin Stephanie Lovász zeigt

Er war ein grosser Kenner der japanischen Kultur, hatte viele Jahre dort gelebt und gearbeitet. Bereits als Kind besuchte er das Land mit seinen Eltern – er wuchs als Auslandschweizerkind in China auf – und knüpfte schon sehr früh eine enge Beziehung zu diesem Land und seiner Kultur.

An den Darumas faszinierte ihn die Geschichte, die dahintersteckt, erzählt seine Tochter Marie-Françoise Ruesch. Der Mönch Bodhidharma (ca. 440-528) soll neun Jahre lang meditiert haben, ohne sich zu bewegen. So fielen ihm Arme und Beine ab. Deshalb werden die «klassischen» Darumas auch kugelrund dargestellt – und unten beschwert, so dass sie wie ein Stehaufmännchen immer wieder «auf die Beine kommen – siebenmal hinfallen und achtmal aufstehen». (Mehr im Blogbeitrag zu Neujahr 2021).

Ausgesuchte Beispiele

Seit mehreren Jahrhunderten soll Daruma seinen Besitzer*innen Erfolg, Glück und Gesundheit bescheren. «Er erinnert daran, dass es Wert ist, Ziele beharrlich zu verfolgen. Er ist ein Mutmacher», sagt Stephanie Lovász. Er sei ein Symbol für Besessenheit in gutem Sinn, eine Charaktereigenschaft, die auch Sammler aufweisen würden.

Jean-Jacques Britt sammelte Darumas, die im über den Weg «liefen». Er suchte aber auch gezielt, etwa in Antiquitätenläden nach speziellen Exemplaren, wie seine Tochter berichtet. Da erwarb er etwa Rollbilder mit Abbildungen von Darumas und Netsuke, kleine geschnitzte Figuren, oft aus Elfenbein oder besonderen Hölzern.

Zwei Bilder: links eine Zeichnung eines Gesichts in einem schwarz-roten Kreis. Das Männergesicht hat buschige braune Augenbrauen und einen ebensolchen Bart. Auf dem Kopf trägt der Mann eine rotes Käppi und ein blaue-weisses Stirnband. Auf dem rechten Bild ist ein Gesicht mit schwarzer Tusche gepinselt. Auch er weist auffällige Augenbrauen und einen selbst den Mund verdeckenden Bart auf.

Diese gezeichneten Darumas sind sich ähnlich und doch nicht

Die Bilder hingen bei den Britts zuhause an den Wänden, in einer Vitrine waren Netsuke ausgestellt. Der Vater präsentierte seine Daruma-Figuren im ganzen Haus, meist zu Weihnachten und Neujahr – wenn in Japan die Darumas vor allem verschenkt werden. Zu diesen Feiertagen schenkte er seinen Kindern und Enkelkindern zudem von ihm mit Darumas bemalte Steine.

Zwei handflächengrosse längliche Steine liegen auf weisser Unterlage. Sie sind rot bemalt. Der linke Stein weist ein Männergesicht auf mit schwarzem Bart. Der rechte Steine besitzt auch ein aufgemaltes Gesicht und unten aufgemalte Füsse.

Diese kleinen Glücksbringersteine hat der Sammler selbst bemalt

Neben künstlerisch und kunsthandwerklich wunderbaren Stücken, dazu zählen beeindruckende Kalligraphien, finden sich in den Gestellen im Museumsdepot auch Alltagsdinge: Sake-Schalen, Espresso- und Teetassen, ein Schulterklopfer, ein Zahnstocherbehälter etc. mit Darumas verziert oder in Daruma-Form. Eher kitschig sind Sparkässeli, Schmuckanhänger oder Handtaschen.

Zwei Bilder: links ist ein Spielzeug mit dickem Handgriff, auf dem ein grimmiges Gesicht aufgemalt ist, oben wird das Spielzeug dünner und besitzt zwei Schnüre an denen rote Kugeln befestigt sind, die sich im Drehen befinden. Auf dem rechten Bild ist ein hölzerner, fast kugelförmiger Gegenstand, mit einem aufgemalten Gesicht, bei dem man Nase, Augen, Mund herausziehen kann.

Die spielerische Note passt nicht so ganz zum immer ernst schauenden Daruma

Britt sammelte viel Spielzeug und deshalb befinden sich wohl auch viele spielerische Darumas in der Sammlung, u.a. als Kreisel oder Zauberwürfel. Stephanie Lovász beweist gleich eine glückliche Hand und würfelt eine 6 – Darum-Glück eben.

Da die Darumas nicht nur in Japan zum täglichen Leben gehören und die japanische Gesellschaft reflektieren, sondern auch in anderen Ländern als Glücksbringer immer verbreiteter sind – was sowohl die Kuratorin als auch Marie-Françoise Ruesch beobachten – verrät Stephanie Lovász, dass Darumas aus der Sammlung Britt sicher bald in Ausstellungen einfliessen werden. Vielleicht widmet sie ihnen sogar einmal eine eigene kleine Ausstellung?

Zwei grau-weisse Rollkorpusse sind auseinandergeschoben. Im linken Gestell sitzen Buddhafiguren und schauen aufs andere Gestell. Im rechten Gestell sind kleine, oft rote Figuren untergebracht, die ihrerseits auf die Buddhas schauen.

Links im Rollgestellt sind Buddhas untergebracht, rechts neu die Darumas