Übersicht

Der Renner: Ohrenbinden

Im Rahmen eines Tutorats an der Universität Basel haben Studierende Objekte aus der MKB-Sammlung ausgesucht, dazu recherchiert und Blogbeiträge verfasst. (Teil 5)

Ein Katalog des Warenhauses Jelmoli aus dem Jahr 1897 dient als Schaufenster in die Konsum- und Werbegeschichte der damaligen Zeit. Ein fiktives Gespräch mit dem Katalog soll ein paar Einblicke in die Geschichte des Objekts aus der Museumssammlung gewähren, das einen besonderen kulturwissenschaftlichen Wert hat.

Ricarda Meyer: Das Jelmoli-Kaufhaus ist bekannt für sein vielfältiges Angebot an Marken, nach denen das Sortiment gegliedert ist. Wie sah das früher aus?
Katalog: Jelmoli startete mit einem überschaubaren Warenangebot als Familienbetrieb. Das Sortiment vergrösserte sich parallel mit dem Wachstum des Betriebs. Wie bei so vielen Warenhäusern entwickelte sich der Hype um die Marken erst mit der Zeit. Die Kategorien, nach denen die Produkte in mir geordnet sind, richten sich nicht nach den Designer*innen, sondern den jeweiligen Waren: Hut reiht sich an Hut, Schürze an Schürze.

Teil einer Seite, die schwarz-weiss bedruckt ist mit verschiedenen Werbetexten. Oben links ist eine Zeichnung zu sehen eines Kindes, das eine eigenartige Kopfbedeckung trägt.

Heute eine Kuriosität: Ohrenbinden

Als nächstes wage ich einen Blick in dein Inneres: Was war vor rund 125 Jahren in Mode?
Abgebildet auf meinen Seiten ist nebst wenigen Haushaltsartikeln vor allem Kleidung, die ich den modebewussten Kund*innen schmackhaft mache. Besonders beliebt sind Korsetts – auch Exemplare für Kinder. Sie unterstützen sie in der aufrechten Haltung. Ohrenbinden sind im Jahre 1897 auch gefragt, um abstehende Ohren zu vermeiden. Was vielleicht aus heutiger Sicht für einige kurios erscheinen mag, war zur Jahrhundertwende eine gängige Praxis und zeigt uns die Schönheitsideale und Wertkonzeptionen der damaligen Gesellschaft auf.

Teil einer Seite aus einem Katalog, die schwarz-weiss bedruckt ist. Geworben wird in diesem Ausschnitt für Kinder-Korsetts, mit Preisen und einer Zeichnung, auf der elf Kinder zu sehen sind, die aufgereiht vor einem Spiegel stehen und immer dem vor ihm stehenden Kind das Korsett schnüren.

So macht Werbung etwas doch eher Unangenehmes schmackhaft

Eine Ohrenbinde für zwei Franken? Ist da der Preis noch verhandelbar?
Feilschen im Kaufhaus? Diese Zeiten sind nun vorbei. Jelmoli gilt als Pionier der Verkaufsstrategie mit fixen Preisen. Früher war es tatsächlich möglich, den Preis zu drücken. Dieser richtete sich nach der geschätzten Zahlfähigkeit: Kundschaft, die wohlhabend erschien, griff dabei oftmals tiefer in die Tasche als andere. Nun gilt derselbe Preis für alle.

Schaufenster in Bergdörfer

Wer kauft denn alles bei Jelmoli ein?
Dank mir auch die Bevölkerung der ländlicheren Ortschaften. Als Reklame-Katalog werde ich gemeinsam mit einer Auswahl an Stoffmustern versandt. Kaufinteressierte können mich durchblättern und Bestellungen aufgeben. So brachte ich gewissermassen das Schaufenster in Bergdörfer.