Übersicht

Ein Sprung in der Dose

In der Ausstellung «Stückwerk» liegt ein Augenmerk auf Naht- und Reparaturstellen. Letztere zeugen nicht nur von den Bemühungen, einen kaputten Gegenstand wieder instand zu setzen. Sie können auch zur Identifizierung von Objekten beitragen, was hinsichtlich der Provenienzforschung immer wichtiger wird.

Über 2000 Objekte hat der Sammler Werner Rothpletz während 40 Jahren dem Museum der Kulturen Basel (MKB) übergeben. Nach seinem Tod kamen mehr als 400 Gegenstände als Geschenke aus seinem Nachlass ins MKB, darunter zahlreiche Keramikobjekte – u.a. auch drei Deckeldosen.

Leidenschaftlicher Sammler

Rothpletz arbeitete in den 1930er-Jahren für die Bataafsche Petroleum Maatschappij BPM und später als Geologe für die indonesische Regierung. Während dieser Zeit begann er, sich für die Kunst und Kultur von Indonesien zu interessieren. Rothpletz sammelte Textilien, Kunstgegenstände und prähistorische Funde. 1960 kehrte er aus gesundheitlichen Gründen in die Schweiz zurück.

Seine Sammelleidenschaft führte Rothpletz auf dem Schweizer Kunstmarkt fort. Er besuchte Auktionen der Galerie Koller in Zürich, der Galerie Stuker in Bern und der Galerie Fischer in Luzern.

Collage mit drei Dosen, alle mit Fuss und Deckel. Alle drei in bräunlich-blauen Tönen mit aufgemalten Pflanzenmotiven.

Drei Deckeldosen, die Werner Rothpletz auf der Auktion am 28. November 1975 bei der Galerie Jürg Stuker in Bern gekauft hat

Wann und wo Rothpletz Objekte erwarb, ist in den meisten Fällen nicht überliefert. Doch mit etwas Glück kann der Weg einiger Keramiken zurückverfolgt werden.

So sind auf zahlreichen Objekten, die Rothpletz auf dem Kunstmarkt kaufte, noch kleine Etiketten mit Nummern angebracht. Gelingt es, diese Nummern einer Galerie und dann einer Auktion zuzuordnen, kann der entsprechende Auktionskatalog weitere entscheidende Hinweise geben.

Runde Dose mit Fuss und Deckel. Auf bräunlichem Grund sind blau-gelbe Pflanzenmotive aufgemalt.

Die Dose, die uns auf den richtigen Weg führte

Zum Beispiel im Fall der Deckeldose mit der MKB-Inventarnummer IIc 19133: Die Etikettennummer 4752 sowie die Reparaturstelle am Gefässrand halfen bei der Identifizierung im Auktionskatalog. Die Galerie hielt nämlich unter Nr. 4752 fest: «Drei Deckeldosen, Annam, wohl 13./14. Jhdr. Kugelig, auf Standring. Gelblicher Scherben. Dekoriert mit floralen und linearen Motiven in Graublau, unter hellgrauer transparenter Glasur. Frühe Objekte. Zwei Stücke bestossen, ein Stück repariert».

Der Katalog wurde anlässlich der Auktion in der Galerie Jürg Stuker in Bern am 28. November 1975 herausgegeben, die Rothpletz also besucht haben musste. Wann und durch wen die Reparatur an der einen Dose erfolgte, lässt sich nicht mehr feststellen.

Blick ins Innere und auf einen Teil des Randes einer runden Schüssel in verschiedenen Brauntönen. An einer Stelle des Randes befindet sich ein grau-blauer runder Fleck.

Die Reparaturstelle an der Deckeldose IIc 19133 ist deutlich zu sehen

Für Rothpletz spielte die Reparaturstelle für den Erwerb offenbar keine Rolle. Aus heutiger Sicht ist der Sprung und der geflickte Rand der Dose für die Herkunftsforschung aber zentral. Denn zusammen mit der sich langsam ablösenden Etikette half die Reparaturstelle bei der Identifizierung der Dose. Und wir wissen nun, dass diese Dose auf dem Schweizer Kunstmarkt erstanden und nicht von Rothpletz selbst auf seinen Reisen gesammelt und dann in die Schweiz gebracht wurde. Und weiter gelang es, noch andere Keramiken derselben Auktion zuzuordnen und damit ein kleines Stück zu ihrer Herkunftsgeschichte beizutragen.