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Gesund durch ein Geheimnis

Im Herbst beginnt die Zeit der Erkältungen. Zur Vorbeugung und Linderung gibt es Mittelchen gegen die laufende Nase, Halsschmerzen und Fieber, die von grossen Konzernen hergestellt werden. Damit das Geschäftsmodell funktioniert und Innovation gefördert wird, existieren in der Pharma-Industrie Patentgesetze.

Im Museum ist eine Verpackung des Medikaments Sirolin ausgestellt. Diese ist etwa handgross, der weisse Karton ist vergilbt.

Eines der ersten international erfolgreichen Produkte der Roche: das Hustenmittel Sirolin

Das Hustenmittel Sirolin der Basler Firma F. Hoffmann-La Roche & Cie. kam im Jahr 1898 auf den Markt und genoss den Schutz durch das Produktionsgeheimnis der hiesigen Chemie- und Pharmabranche.

Damit war die Schweiz bis ins 20. Jahrhundert hinein ein Sonderfall, international hatten sich bereits Patentgesetze etabliert, die ein chemisches Verfahren oder ein Endprodukt für eine gewisse Dauer schützten. Die Schweiz konnte währenddessen Medikamente, oft mit Hilfe französischer Fachkräfte, ungestraft kopieren.

Das verschaffte der Schweizer Chemie- und Pharmabranche einen so grossen Vorteil, dass er nicht einfach hingenommen werden konnte. Als die Schweiz 1907 nach erheblichem Druck aus Deutschland den «Erfinderschutz Textil- und chemische Industrie» einführte, war man nach Jahren des Kopierens international mindestens gleichauf – und kann sich bis heute behaupten.

Rindenbastbuch als «Packungsbeilage»

Das Wissen über die Gesundheit und die Heilung von Menschen wird auch in anderen Kulturen bewahrt und durch auserwählte Experten geschützt. Auf der Insel Sumatra, genauer gesagt in deren Norden, bestimmten Ritualexperten das tägliche Leben der indigenen Batak.

Das Rindenbastbuch ist aus Holz und wurde in der Ausstellung ausgelegt. Darauf sind farbige Abbildungen sichtbar.

Das Rindenbastbuch war das wichtigste Utensil der Ritualexperten

Sie waren vor der Islamisierung und Christianisierung unter anderem damit betraut, wie Rituale durchgeführt werden müssen und wie Orakel zu deuten und Arzneimittel herzustellen sind.

Sichern der eigenen Sonderstellung

Damit diese Geheimnisse nicht verlorengingen, wurden sie in Rindenbastbüchern festgehalten, den sogenannten «Zauberbüchern». Die Bücher wurden einer Spezialsprache geschrieben, die nur Eingeweihte verstehen konnten. Die Experten sicherten sich durch diese Geheimhaltung ihre Sonderstellung in der Gemeinschaft und verliehen ihrem Wissen etwas Mystisches.

Läuft ein Patent aus, verliert ein einst geschütztes Medikament rapide an Wert. Weiht ein Experte der Batak die ganze Gemeinschaft in die Spezialsprache ein, wird er nicht mehr gebraucht. Eine Gesetzmässigkeit der Geheimnisse macht sich bemerkbar: Je exklusiver und geheimer, desto höher liegt der Wert.