tierisch!

Keine Kultur ohne Tiere

27. August 2021 – 14. Mai 2023

Für uns Menschen sind Tiere wichtig – auf ganz unterschiedliche Weise. Sie sind omnipräsent und aus unserem Leben nicht wegzudenken. Die Beziehung zu ihnen ist vielfältig, aber auch ambivalent.

Willkommen im Pudelclub! Gut angezogene Damen und Herren posieren mit gepflegten Hunden – auf einem riesigen Foto von Ursula Sprecher und Andi Cortellini.

Das Bild zieht die Besucherinnen und Besucher gleich hinein in die Ausstellung. Es vermittelt, wie der umgebende Raum, eine behagliche Wohnzimmeratmosphäre. Hier sind Mensch und Tier zuhause. Leine, Hoodie und Impfausweis untermalen dies.

Verniedlicht
Tiere wurden über tausende von Jahren domestiziert und sind heute Familienmitglieder. Die Menschen suchen die Nähe zu Tieren, in lebender und anderer Form. Eine anschauliche Auswahl aus der Museumssammlung zeigt, wie sie sich von klein auf mit Spielzeugtieren, Gebrauchsgegenständen und Nippes in Tierform umgeben.

Ein Augenschmaus sind auch die rund 250 Katzenpostkarten. Tiere fungieren in vielen Kulturen als Erzähler. Katzen sind beliebte emotionale Botschafterinnen. Am Phänomen der Lolcats wird die kitschige Vermenschlichung der Tiere deutlich.

Benutzt
In der Beziehung zum Tier übernimmt aber der Mensch nach wie vor die Rolle des Herrn und der Meisterin. Er benutzt Tiere für Arbeit, Transporte und im Krieg. In bäuerlicher Ambiente, auf schweren Holztischen sind im nächsten Raum Futtertröge, Maulkörbe, Kniefesseln, ein Ochsenjoch oder Sättel zu sehen.   

Melkstühle, Kuhschwanzzangen und Bienenkörbe verweisen auf die Funktion der Tiere als Nahrungsmittellieferanten. In einer Ecke wähnt man sich in einer Metzgerei. Bilder, u.a. ein wandgrosses Foto von Chien-Chi Chang, illustrieren den Konsum.

Gejagt
Dann führt der Weg durch einen grossen Käfig. Er ist ein Symbol für die Macht der Menschen über die Tiere. Wie es ist, beinahe in Fallen zu treten, wird hier hautnah erlebt. Mit welchen Geräten Tiere gefangen, gejagt und getötet werden, sind hier ausgestellt.

An der Wand hängen Trophäen: 60 Rothirschgeweihe. Davor ist eine Art Arena aufgebaut. Hier wird anhand von Hahnenkampfmessern, Grillenkäfigen oder Stierkampfspiessen thematisiert, dass Tiere der Unterhaltung der Menschen dienen – und darunter leiden.

Verehrt
Im letzten Raum kehrt sich das Bild respektive die Beziehung: Tiere und Gottheiten in Tiergestalt stehen hier über den Menschen. Sie gehen eine besondere Verbindung mit ihnen ein – wie die Jaguarkrieger in Mexiko oder die Haiflüsterer der Salomonen. Sie schützen und beglücken sie, u.a. als Amulette, und lassen sich von ihnen verehren, wie die indische Wunschkuh. Die Mensch-Tier-Beziehung geht also auch anders.

Kinder und Familien in der Ausstellung
An ein paar Extra-Stationen können Kinder in der Ausstellung verweilen. Sie dürfen wählen, was für Tiere sie sein möchten, Tiergeräusche nachahmen, Tiere schmücken, Geschichten hören, Katzenpostkarten schreiben sowie mit Tieren lachen, die uns Menschen reinlegen.

«tierisch! Ein Thema – vier Ausstellungen» ist eine Kooperation von vier Basler Museen:
Museum der Kulturen Basel, Historisches Museum Basel, Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig und Pharmaziemuseum der Universität Basel: tierischbasel.ch

Die Begleitpublikation «tierisch! Ein Thema, vier Ausstellungen» ist im Museumsshop erhältlich.

Wir danken der Stiftung zur Förderung des MKB für ihre grosszügige finanzielle Unterstützung.

 

Videotranskription

Text zum Video «tierisch!»

Das Wiehern und das Geräusch vorbeigaloppierender Pferde sind zu hören. Der Titel «tierisch! Keine Kultur ohne Tiere» – Museum der Kulturen – wird eingeblendet. Nahaufnahme silberfarbener Pferdesporen aus Mexiko.

((Schnitt))

Sphärische Musik ertönt. Nahaufnahme eines Flügellöwen aus Bali. Der Flügellöwe ist aus Holz, er ist rot gefärbt und der Körper wie auch die Flügel haben goldene Verzierungen. Seine Augen sind weit aufgerissen, er zeigt seine langen, spitzen Zähne.

((Schnitt))

Blick auf zwei Hirsche aus Holz mit echten Geweihen, die auf einem Ausstellungsmöbel präsentiert werden.

((Schnitt))

Kuratorin Beatrice Voirol steht in der Ausstellung:

«Die Ausstellung «tierisch! Keine Kultur ohne Tiere» zeigt auf, wie ambivalent die Beziehung zwischen Menschen und Tieren sein kann und wie sich diese Ambivalenz kulturell ausdruckt.»

((Schnitt))

Blick auf eine Fotografie, ein Gruppenbild, das mehrere ältere Personen – fünf Frauen und zwei Männer – mit ihren Pudeln auf dem Schoss zeigt. Im Weiteren sitzen noch zahlreiche weitere Pudel zu den Füssen der Personen. Es handelt sich um den Pudelclub aus Basel.

Kuratorin Beatrice Voirol:

«In den letzten Jahrzehnten kam es zu einer Neubewertung der Beziehung von Menschen und Tieren. Die Tiere wurden nicht mehr bloss als Subjekte gesehen, sondern durchaus als eigenständige Wesen, die mit eigener Handlungsmacht ausgestattet sind.»

((Schnitt))

Blick auf ein ockerfarbenes Reh aus Holz, das Blöken eines Tieres ist zu hören. Kuratorin Beatrice Voirol spricht über die Beziehung von Menschen und Tieren. Während ihrer Ausführungen werden weitere Objekte gezeigt: Ein Kamelgurt aus Ägypten – ein braunes gewobenes Band, an dessen Ende orangefarbene Wollknäuel an Bändern hängen. Dahinter ist eine Art Kette aus Stoff und Filz in Orange und Rot, ein Kamel-Halsschmuck auf Pakistan. Nahaufnahme von zwei Spielzeugsoldaten in Kavallerieuniformen auf ihren Pferden. Die Pferde stehen auf Holzbrettern mit kleinen Rädern, so dass sie verschoben werden können.

Beatrice Voirol spricht aus dem Off:

«Die Nähe zwischen Menschen und Tieren war nicht seit jeher gegeben. Das erfolgte über einen langen Prozess der Domestizierung. Tiere profitieren durchaus vom Zusammenleben mit Menschen, sie bezahlen aber auch einen Preis. Die Menschen kümmern sich um ihre Tiere und kriegen von ihnen Liebe, Zuwendung und Geborgenheit.»

Nahaufnahme einer Kuhglocke, Bimmeln und das Muhen einer Kuh ertönen. Ebenfalls zu sehen ist ein farbiger Kuhschmuck aus Stoff- und Papierbändern. Den Schmuck tragen Kühe beim Alpabzug.

((Schnitt))

Das gemalte Bild eines Alpaufzugs. Rechts neben dem Bild hängt eine grosse Kuhglocke mit aufwendig geschnitztem Treichelband aus Holz. Vor dem Bild ist weiterer Kuhschmuck zu sehen, darunter auch zwei farbige und reich dekorierte Hörnerkränze.

((Schnitt))

Kuratorin Beatrice Voirol in der Ausstellung:

«Der Übergang zu Sesshaftigkeit und Ackerbau hatte fundamentale Auswirkungen auf die Beziehungen zwischen Menschen und Tieren. Tiere wurden zu Besitz, Menschen zu Herren und Meister. Menschen nahmen Einfluss auf die Körper und die Verhaltensweisen der Tiere. Es erfolgte eine Ökonomisierung dieser Beziehung.»

((Schnitt))

Blick auf eine Zirkusszene, in der ein Tiger, ein Elefant, ein Bär sowie ein Seehund aus Holz auf Bällen, Fahrrädern und einem kleinen Podest balancieren. Im Hintergrund steht ein Zirkuswagen aus Holz. Daran befestigt sind kleine Plüschäffchen, die herumtollen.

Das Fauchen einer Raubkatze und Affengeschrei ist zu hören.

((Schnitt))

Kuratorin Beatrice Voirol in der Ausstellung:

«Menschen sind fasziniert von wilden Tieren. Sie nehmen die Fährten von wilden Tieren auf, um sie zu beobachten oder zu jagen. Die Jagd, die früher überlebensnotwendig war, wird heute ambivalent betrachtet – wie auch das Zeigen wilder Tiere in menschlicher Umgebung, sei es Zirkus oder Stierkampf. Das wird heute alles sehr kritisch bewertet.»

((Schnitt))

Blick auf eine sechs-zackige Fischgabel für die Lachsfischerei in Basel, die hinter Gitter ausgestellt ist.

((Schnitt))

Nahaufnahme von 60 Rothirschgeweihen, die als Trophäen an der Wand hängen. Im Hintergrund sind quakende Frösche, das Zirpen von Heuschrecken und Hundegebell zu hören.

((Schnitt))

Vor dem Gitter mit den Hirschgeweihen stehen rote Podeste mit weiteren Objekten im Raum. Links zu erkennen ist eine Stierfigur mit Stirnschmuck, ein Tanzutensil aus Bolivien.

((Schnitt))

Kuratorin Beatrice Voirol in der Ausstellung:

«In manchen Weltsichten und religiösen Systemen haben Tiere eine ganz andere Rolle, als wir es kennen. Da sind Tiere plötzlich Gottheiten, die über den Menschen stehen, die Menschen lenken oder beschützen. Das ist eine ganz andere Sicht auf Tiere und die Beziehung, wie wir sie gewohnt sind.»

Während die Kuratorin spricht, werden folgende Objekte eingeblendet: Eine an einer Wand befestigte grosse Holzfigur, die einen Vogel im Flug darstellt. Die langen Beine sind nach hinten ausgestreckt. Darauf sitzt ein Knabe und bewegt sich sozusagen auf dem Vogel fort. Es ist ein fliegender Kasuar; die Figur war am Giebel des Dorfchefs eines Dorfes am Sentanisee in Papua, Indonesien, befestigt.

((Schnitt))

Drei Terracottapferde mit Sattel und Zaumzeug. Es sind Opfergaben für die Götter, mit denen die Menschen in Indien um Unterstützung baten. Daneben eine grosse Pferdefigur mit Sattel und Zaumzeug – es ist das Pferd des südindischen Gottes Ayyanar.

((Schnitt))

«Wir haben in dieser Ausstellung auch an Kinder gedacht. Es ist nicht so, dass nur Menschen den Tieren eine Falle stellen, sondern das kann auch umgekehrt vorkommen – Tiere stellen den Menschen eine Falle. So gibt es einzelne Stationen, wo Kinder darüber nachdenken können, wie die Beziehung zwischen Menschen und Tieren gestaltet ist.»

((Schnitt))

Während die Kuratorin spricht, wird ein Tik-Tok-Video eingeblendet. Das Video zeigt die Aussenaufnahme eines Fast Food-Restaurants. Möwengeschrei im Hintergrund. Plötzlich gehen die Schiebetüren des Lokals auf und eine Möwe watschelt mit einer Packung Chips im Schnabel aus dem Restaurant, kurz darauf fliegt sie davon.

ENDE